Stadtgründung Münchens - im Juni 1158
Münchner Stadtgründungsfest - vor 866 Jahren fing alles an!
14. Juni 1158: Heinrich der Löwe fordert die Münz-, Zoll- und Marktrechte für München ein (English, Französisch), Italienisch)
München. Der 14. Juni 1158 ging als jener Tag in die Geschichte ein, an dem die Münz-, Zoll- und Marktrechte für eine Siedlung „apud munichen“ durch Kaiser Friedrich I. Barbarossa bestätigt wurden. Das ist jetzt 866 Jahre her.
Wie jedes Jahr, so wird auch heuer wieder das Stadtgründungsfest in der Münchner Altstadt gefeiert. Aber: Wie war das genau vor 866 Jahren?
Wie jedes Jahr, so wird auch heuer wieder das Stadtgründungsfest in der Münchner Altstadt gefeiert. Aber: Wie war das genau vor 866 Jahren?
Text und 9 Fotos: Helga Waess
Ein anderes Urkundenbeispiel des Mittelalters, Foto: Helga Waess |
Die Münchner Gründungsurkunde "Augsburger Schied"
Das Hauptstaatsarchiv der Landeshauptstadt bewahrt historische
Dokumente, darunter auch die offizielle Gründungsurkunde der Stadt
München, den "Augsburger Schied". Hierin wird erstmals "munichen" als
Ort erwähnt.
Der Urkundentext mit Übersetzung kann bei Wikipedia angesehen werden.
Ritterrüstung und Waffen, am Ritterzelt auf dem Marienhof, 13. Juni 2015, Foto: Helga Waess |
Die Gründung der Stadt München als Kriminalfall der Geschichte
Was genau im Jahr 1158 geschah, darüber streiten sich die Gelehrten bis heute. Als Kriminalfall der Geschichte liest sich Freimut Scholz' "Die Gründung der Stadt München: Eine spektakuläre Geschichte auf dem Prüfstand"
(2007). Alles Fehlinterpretationen, missverstandene Texte und
verschrobene Überlieferungen (2007 - Canaletto Verlag - ISBN
978-3000229916).
Eine Urkunde bestätigt sie, die Zoll-, Münz- und Marktrechte, und zwar
per kaiserlichem Signet. Auf diese Urkunde des Kaiser Friedrich I.,
genannt Kaiser Barbarossa, beruft sich Heinrich der Löwe, als er seine
Ansprüche am neu gegründeten Markt „munichen“ an der Isarfurt geltend
macht.
Zuvor soll er den bischöflichen Markt und die wichtige Brücke über die
Isar bei Föhring zerstört haben, um so den eigenen Handelsplatz
aufzuwerten. Daher bezeichnet ihn der Freisinger Bischof in einer
Urkunde als "Straßenräuber". Alles Falsch, so widerlegt Scholz nach
eingehender Prüfung aller Quellen.
Ein Sachsenherzog fordert das Kaiser Friedrich I. Barbarossa an der Isar ein
Heinrich der Löwe, seit 1142 Herzog von Sachsen, wurde im Jahr 1154 mit
dem Herzogtum Bayern belehnt. Gar nicht so ungewöhnlich, denn den
bayerischen Herzogenhut trugen ehedem bereits sein Vater Heinrich der
Stolze (seit 1126) und auch der Großvater des Löwen Heinrich der
Schwarze (seit 1120).
Die Welfen hatten als Adelsgeschlecht seit Welf IV., das heißt, seit 1070 auch die bayerische Herzogen-Würde inne.
Ritter auf dem Marienhof hinter dem Münchner Rathaus, 13. Juni 2015. Foto: Helga Waess |
Feindliche Übernahme an der Isar?
Der Löwe verwaltete seine Lehen und Länder. Er dachte ökonomisch, als er
- so die ältere Geschichtsschreibung - im Herbst des Jahres 1157
die Isar-Brücke bei „feringa“ (Oberföhring) zerstören lies. Er verletzte
zwar Rechtsbereich des Freisinger Bischofs, aber die neue die
Salzhandels-Strasse ging vor. Und er wollte für den Transport des weißen
Goldes in seinem Gebiet Zoll erheben und Marktsteuer einnehmen. Er
wollte die Markt-, Münz- und Zollrechte.
Jeder Handel sollte fortan über nur eine Brücke an
der Furt „apud munichen“ (lateinsich für "bei den Mönchen") führen.
Die genannte Mönchssiedlung war vermutlich schon länger an diesem Ort
und kann als Gründung des Klosters Tegernsee gesehen werden. (siehe
hierzu das Buch von Karl Jorhan "Heinrich der Löwe",
S. 153 f. )
Augsburger Schied gegen Regensburger Schied
Zwei der wichtigsten Quellen stellen der Augsburger Schied von 1158 und
das Regensburger Urteil von 1180 da. Lange Zeit vertraten die Historiker
die einhellige Meinung, dass diese beiden Quellen in direkten Bezug
zueinander stünden. Und das die Gründung des Marktes munichen auf
der Zerstörung des Marktes Föhringen beruhe. Dem sei jedoch nicht so -
so der Autor Freimut Scholz. Andere Historiker sind hier jedoch immer
noch skeptisch.
"Alles nur Interpretation!?" Möge der Leser sich der Lektüre von Scholz' Buch widmen und sich selbst ein Bild machen.
Die Loisach in Wolfratshausen fließt kurz hinter dem Ort in die Isar, Foto: Helga Waess |
Salzhandel-Route von Salzburg und Berchtesgarden nach Schwaben
Der Übergang bei den Mönchen an der Isar gab der Salzhandels-Route von
Salzburg und Berchtesgaden ins Schwabenland eine neue Wegstrecke. Sie
brachte Heinrich durch die anfallenden Zölle eine nicht zu
unterschätzende Einnahmequelle.
Doch das reichte nicht. Fast im gleichen Atemzug hob „der Löwe“ die angestammten Markt-, Münz-
und Zollrechte der Freisinger Bischöfe auf. Schließlich hatte er das Lehen vom Kaiser bekommen.
Der Freisinger Bischof Otto muss außer sich vor Wut gewesen sein. Er
erhob Klage gegen den Welfen. Und zwar bei der damals allerhöchsten
weltlichen Instanz: beim Kaiser.
Otto, Bischof von Freising, gegen Heinrich, Herzog von Sachsen und Bayern
Es war das Pfingstfest des Jahres 1158, Barbarossa rüstete sich für den
zweiten Italienzug, da wurde in Augsburg noch ein Reichstag
abgehalten. Der "Augsburger Schied" hielt den Schiedsspruch vom 14. Juni
ein für alle Mal fest:
- Die erzwungene neue der Salzhandels-Straße durch München wurde für rechtmäßig erklärt. Im Gegenzug wurden dem Markt Föhring die Rechte aberkannt. Damit war der neue Übergang über die Isar bestätigt.
- Der Bischof von Freising wurde mit einem Kompromiss besänftigt. Er erhielt laut Urkunde fortan 1/3 der Zollabgaben und auch der Münzstätte des Ortes aput munichen.
- Herzog Heinrich der Löwe erhielt aber auch noch etwas: 1/3 der Freisinger Münze und zwar auch als Lehen.
- Und die Verwaltung der neuen Rechte? Sie wurde geteilt. Die Kontrolle über den Isar-Übergangs oblag jeweils einem bischöflichen und einem herzoglichen buchführenden Beamten.
Heinrich der Löwe befestigt den Markt München und wird gestürzt
Der Marktort München unterstand Heinrich dem Löwen. Er hatte die
Rechtsprechung in seinen Lehen und setzte herzogliche Richter ein. In
dieser frühen Zeit, gab es keine bürgerliche Selbstverwaltung.
Dann kam das Schicksalsjahr 1180 und der Löwe wurde gestürzt.
Die Abgabe der Marktrechte blieben nach 1158 ein
Dauerthema im Streit zwischen dem Bistum Freising und der herzoglichen Befestigung München.
Urkundenbeispiel aus dem Mittelalter, Foto: Helga Waess |
Das Regensburger Urteil vom 13. Juli 1180
Im so genannten Regensburger Schied entzog Kaiser Friedrich I.
Barbarossa dem Welfen Heinrich dem Löwen die zuvor gewährten Marktrechte
von 1158 wieder. München blieb bestehen. Die Original Urkunde vom
Regensburger Urteil, mit dem Signum und dem Siegel Kaiser Friedrich I.
Barbarossa wird heute im Hauptstaatsarchiv der Landeshauptstadt München
verwahrt.
Der Nachfolger Ottos, Albert von Freising erhielt die Markt- und
Zollrechte für den Salzhandel durch München. Bis in das 13. Jahrhundert
sollten die Freisinger Bischöfe diese Rechte behalten.
Dann gab sie diese an die Herzöge aus dem Hause Wittelsbach ab. Aber
dies ist eine andere Geschichte. Und erst unter den Herzögen aus dem
Hause Wittelsbach kam München unter eine neue Verwaltung. München bekam
ein schriftlich fixiertes Stadtrecht - Ende des 12. Jahrhunderts.
Der Ort und seine Einwohner kamen zu großem Wohlstand, denn die wichtige Salzhandels-Strasse über
Salzburg, Reichenhall, Wasserburg und München nach Memmingen in
Schwaben war sehr lukrativ. So dauerte es nicht lange bis eine Burganlage und natürlich die
Stadtbefestigungen folgten.
Die Stadtmauer und die Altstadt Münchens
Die Stadtmauer ist nur in wenigen Resten erhalten. Die Stadttore und der
Altstadtring umfassen die Altstadt Münchens, wo jedes Jahr im Juni
das Stadtgründungsfest mit Tanz, Spiel und Theater begangen wird.
Unter bürgerlicher Herrschaft kann bis
heute ein stetes Wachstum der Stadt apud munichen an der Isar beobachtet werden.
866 Jahre ist es also her, dass die Stadt München gegründet wurde
Ob durch Gewaltanwendung oder friedlich, wir werden es an dieser Stelle nicht klären.
Auf jeden Fall wurde gegründet, denn die Stadt steht, feiert und wächst bis heute:
MÜNCHEN
Marienplatz in München mit Blick auf die Rathaus-Ecktürmchen und die Türme der Frauenkirche, Foto: Helga Waess |
Bühne auf dem Marienplatz vor dem Rathaus, Münchner Stadtgründungsfest, 13. Juni 2015, Foto: Helga Waess |
Bühne vor der Feldherrnhalle am Odeonsplatz, Münchner Stadtgründungsfest, 13. Juni 2015, Foto: Helga Waess |