Berlin: Nofretete - 1924
Für 100 Jahre Amarna-Kunst im Neuen Museum war und ist die bunte Büste die schönste Botschafterin
Die Nofretete ist wohl die berühmteste Frauen-Büste der Geschichte - vor 100 Jahren wurde die Büste der Nofretete im Neuen Museum in Berlin erstmals ausgestellt (ENGLISH)
BERLIN. Die Nofretete (in anderen Sprachen „Nefertiti“, ägyptisch Nfr.t-jy.tj, urspr. Nafteta) ist wohl die berühmteste Frauen-Büste der Geschichte. Seit 100 Jahren wird sie in Berlin ausgestellt. Erstmals konnte das Berliner Publikum die berühmte Ägyterin am 1. April 1924 im musealem Rahmen betrachten. Es begann die Dauerausstellung der Ägyptischen Sammlung im Neuen Museum. 1912 wurde die bunte Büste bei einer von Ägypten genehmigten wissenschaftlichen Ausgrabung in Tell-el-Amarna aufgefunden. Bei der internationalen Grabung wurde anschließend eine so genannte Fundteilung vorgenommen, bei diesem damals üblichen Verfahren nach gemeinschaftlichen Grabungen wurde die Nofretete der deutschen Seite zugesprochen. Sie kam im Jahr 1913 nach Berlin. Der Finanzier der Grabungen James Simon stellte - als neuer Eigentümer - die Büste in den nächsten Jahren in seiner Villa in der Tiergartenstraße auf. Im Jahr 1920 schenkte Simon die Büste und alle Funde der Grabung den Berliner Museen. Die erste öffentliche, museale Präsentation fand ab 1924 im Rahmen der allerersten umfassenden Ausstellung aller Museumsobjekte aus der Amarna-Zeit statt. Während der Weltkriegsjahre waren alle Objekte ausgelagert und wurden anschließend einige Jahrzehnte im West-Berliner Ägyptischen Museum in Charlottenburg ausgestellt. Seit dem Jahr 2009 befindet sich die Nofretete wieder im Neuen Museum auf der Museumsinsel Berlin.
Wer zeichnend durch das Museum geht wird überrascht sein, wie nah die Büste der Nofretete in eigenen 1 Minutenzeichnungen wirkt, Zeichnung mit Kugelschreiber: Helga Waess - 2024 |
Die Ägyptologin Dr. Friederike Seyfried, seit 2009 Direktorin des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung, betonte zum 100-jährigen Jubiläum:
„Die schon 1924 geäußerte Prognose, dass ‚die Eröffnung dieses neuen Saales sicher das Interesse an der ägyptischen Kunst und besonders an ihren Porträten neu beleben wird‘, hat sich bewahrheitet – und für 100 Jahre Amarna-Kunst im Neuen Museum war und ist die bunte Büste die schönste Botschafterin.“
Der Prähistoriker Prof. Dr. Hermann Parzinger, seit 2008 Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) sagte zum Verbleib der Nofretete in Berlin:
„Seit Jahren befinden wir uns mit Ägypten in gutem Austausch, sind an Grabungen vor Ort beteiligt und arbeiten zum Beispiel auch für Ausstellungen zusammen. Entgegen regelmäßiger anderslautender Berichte gibt es keine Rückgabeforderung der ägyptischen Regierung für die Büste der Nofretete – und auch keine neuen Dokumente, die die Rechtmäßigkeit ihres Verbleibs in Berlin in Zweifel ziehen würden.“
Neues Museum auf der Museumsinsel Berlin - Umbauten für die neue Dauerausstellung der Ägyptischen Sammlung seit 1918
Seit 2018 wurde der Ausstellungsumbau im Neuen Museum vorangetrieben, denn für eine Neugestaltung waren erhebliche Eingriffe in die Bausubstanz des Gebäudes nötig:
So wurden im so genannten Griechischen Hof die Apsis abgetragen und ein Glasdach (2019) eingezogen, seitlich wurden ab 2021 kleinere Kabinette eingebaut (allesamt für die Präsentation der Objekte der Amarna-Zeit vorgesehen) und auch der hinter dem Griechischen Hof liegende Raum wurde für die Aufnahme der Sarkophage umgestaltet. Außerdem wurde zum Ägyptischen Hof ein Verbindungsgang geschaffen. Dann endlich 2023 konnten die Arbeiten abgeschlossen und die neue Ausstellungsfläche bezogen werden.
Wer noch nicht dort war, der sollte bei seinem Berlinbesuch unbedingt die Museumsinsel mit dem Neuen Museum einplanen.
Die Präsentation der Amarna-Objekt in den Medien
„Es sind unsere alten Lieblinge, die teils schon in alle Kunstgeschichten übergegangen sind, das entzückend naturwahre Porträtköpfchen der Königin Teje, der fanatische Schwärmerkopf ihres Sohnes, des ‚Ketzerkönigs‘ Amenophis IV., und vor allem das liebreizende Bild ihrer Schwiegertochter, der Königin Nofret-ete, die feinen Kinderköpfchen der Prinzessinnen, die Gipsabgüsse von den Gesichtern lebender und toter Würdenträger, die zarten Kalksteinreliefs, die das Familienleben des Herrscherpaares ganz modern bürgerlich schildern, (…) Dinge, die alle unsere bisherigen Begriffe von ägyptischer Kunstübung auf den Kopf stellen (…) – aber alles ungemein wirkungsvoll aufgestellt und nun erst zu seinem vollen Wert erblühend“, schrieb die Deutsche Allgemeine Zeitung, Ausgabe Groß-Berlin, am 31. März 1924.
Fundgeschichte und Geschenk an die Museen
"Die Büste der Nofretete wurde 1912 im Rahmen einer von Ägypten genehmigten wissenschaftlichen Ausgrabung in Tell-el-Amarna gefunden. Finanziert von dem Berliner Kaufmann und Mäzen James Simon, wurde die Grabung der Deutschen Orientgesellschaft von Professor Dr. Borchardt vom Kaiserlichen Deutschen Institut für Ägyptische Altertumskunde geleitet.
Die Vereinbarung mit der ägyptischen Seite sah von Anfang an die damals übliche, hälftige Fundteilung als Gegenleistung für die Finanzierung vor. Dieses System der Fundteilung war bis Anfang des 20. Jahrhunderts ein weit verbreitetes Vorgehen als Gegenleistung für die Finanzierung einer Grabung. Um sicherzustellen, dass beide Parteien gleichwertige Anteile der Grabungsfunde erhalten, war vorab vereinbart worden, dass das Archäologenteam den Fund unter genauer Auflistung der Objekte in zwei gleichwertige Hälften teilen sollte.
Die Fundteilung wurde durch den Ägyptologen und zuständigen Grabungskommissar Gustave Lefèbvre im Januar 1913 durchgeführt. Dabei standen die geöffneten Kisten zur Begutachtung der Objekte bereit. Von den herausragenden Fundstücken – so auch von der Büste der Nofretete – lagen zudem Fotografien vor, die die Schönheit und Qualität der Objekte eindeutig wiedergaben. Als Vertreter der ägyptischen Regierung wählte Lefèbvre eine Hälfte aus; die andere Hälfte ging in der Folgezeit nach Berlin.
Als alleinigem Finanzier der Ausgrabung gingen die Objekte der Amarna-Fundteilung in das Eigentum von James Simon über. Zunächst bewahrte dieser die Büste der Nofretete in seiner Villa in der Tiergartenstraße auf. Im Jahr 1920 schenkte Simon die Büste und alle Funde der Grabung den Berliner Museen."
Sowohl die Grabung als auch die Fundteilung sind umfassend dokumentiert und veröffentlicht, zum Beispiel in:
- Friederike Seyfried: Die Büste der Nofretete – Dokumentation des Fundes und der Fundteilung 1912/1913. In: Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz. Bd. 46, 2010, ISSN 0342-0124, S. 133–202 und Katalog zur Ausstellung 2012, Im Licht von Amarna – 100 Jahre Fund der Nofretete, Berlin 2012.