Sonntag, 22. November 2015

Buchheim Auktion Expressionismus Neumeister

Expressionistische Druckgraphik aus dem Privatnachlass Diethild und Lothar-Günter Buchheim

Vorbesichtigung für die Versteigerung am 28. November im Buchheim Museum der Phantasie - Bernried / Auktionshaus Neumeister


Der Ort der Versteigerung ist treffend gewählt. Wie ein Schiff, das gerade angelegt hat, scheint das Museum der Phantasie am Strand des Starnberger Sees herum zu dümpeln. Gerade das es nicht schwangt. Der Besucher nähert sich dem Museumsbau durch den Park, der mit zahlreichen Skulpturen oder auch phantasievoll dekorierten Laternen bestückt ist. Das Wasser des Sees plätschert vor sich hin und der Blick schweift in die Ferne, wo die Bergspitzen der Alpen erste Schneeflecken tragen. Vor dem Museum jener bunte Hubschrauber, die Libelle, und ein BMW in rostfarbener Patina bevölkert von Algen und Kracken. Hinter dem Auto unter dem vorgelagerten und begrünten Flachdach finden sich die beleuchteten Fenster des Museums, der Museums-Shop und der Eingang.

von Helga Waess

Buchheim Museum am Starnberger See, Foto: Helga Waess

Auktion Expressionistische Graphik aus der Buchheim-Sammlung

Ein Verkauf für neue Mittel zur Sammlungs-Erweiterung


Im Buchheim Museum der Phantasie sind für die Vorbesichtigung zur Versteigerung der Expressionistischen Graphik aus der Buchheim-Sammlung, fast alle Werke ausgestellt. Einige Arbeiten muss man sich zeigen lassen - was aber kein Problem darstellt.

Der Katalog umfasst über 400 Seiten. Ein ausführliches Vorwort von Annegred Erhard, keiner geringeren als der ehemaligen Chefredakteurin der Fachzeitschrift "Kunst und Auktionen" vom Zeitverlag, die heute für die Zeit, das Handelsblatt und die Weltkunst schreibt. In drei eindringlichen, leuchtend orange gefärbten Seiten geht es um den Sammler Buchheim, seine Sehnsucht und seine Sammelleidenschaft. Hier kommt am Schluss auch Daniel J. Schreiber, der Direktor des Buchheim Museums der Phantasie zu Wort:

"Als passionierter Kenner des Kunstmarkts [so erläutert Schreiber (d. Verf.)] ... wusste Buchheim, welche Gewinnsteigerungen mit Druckgrafik der Klassischen Moderne aus Frankreich und Deutschland zu erzielen sind. So kaufte er häufig nicht nur ein Exemplar, sondern jeweils zwei oder mehrere." (Vgl. Auktionskatalog, S. 6, letzter Absatz)

Anzeige aus dem Kunstmarkt-Teil der
TZ am 14./15. Nov. 2015, S. 27,
Foto: Helga Waess

Weiter erläutert Schreiber, dass das Museum von Lothar-Günter Buchheim selbst nie als Endpunkt gedacht war, sondern sich weiter entwickeln sollte. Der Stifter und Gründer wollte keine starre Ausstellung, sondern ein Museum, das von der Phantasie beflügelt, zur Weiterentwickelung fähig ist. Um dies zu tun, sei diese Versteigerung notwendig, denn aus dem Erlös am 28. November, wolle man weitere "expressionistische Hauptwerke" ankaufen.



Die Werke der Expressionistischen Druckgraphik



Vorderseite des Kataloges ausgeklappt:
Max Beckmann "Selbstbildnis mit steifem Hut" (Detail) und
Eintrittskarte zur Vorbesichtigung,
Foto: Helga Waess

Max Beckmann


Das Selbstbildnis mit steifem Hut (1921) von Max Beckmann (1884-1950) ziert die Vorderseite des opulenten Kataloges. Es ist nur ein Ausschnitt aus Lot-Nummer 9, einer Kaltnadelradierung auf Bütten. Dieser Probedruck vor der ersten Auflage wird in der Auktion mit 40.000 bis 60.000 Euro aufgerufen. Durch den Druck und das Material wirkt das Bildnis fast weich. Die Öllampe im rechten Vordergrund sorgt dafür, dass der Schatten des Hutes hinten links an die Wand geworfen wird. dort sitzt eine Katze, die dem Künstler etwas einzuflüstern scheint.

Der Reigen, der zur Versteigerung kommenden Beckmann-Arbeiten ist groß und umfasst immerhin 37 Lose von der Radierung über den Holzschnitt bis zur Lithographie. Darunter auch noch zwei weitere Selbstbildnisse wie "Der Ausrufer" von 1921 (Lot 10/ 5.000-8.000 Euro) oder "Selbst im Hotel" von 1922 (Lot 15/ 15.000-25.000 Euro). Letzteres zeigt den Künstler zeichnend und mit Weinflasche.

Und es sind immer wieder Beckmanns Menschen- und Gruppen-Bildnisse der Zeit wie in den berühmten Berliner Szenen (Lot 16: "Die Enttäuschten I.", Lot 19 und 20: "Schlittschuhläufer" oder "Die Bettler" in Lot 21) beziehungsweise jene Theater oder Kaschemmen-Szenen, in welchen uns der Künstler ein Berlin-Bild der späten 20er Jahre übermittelt und jene Kluft zwischen Armut auf der einen Seite und Tanz auf dem Vulkan auf der anderen Seite zeigt.


Lovis Corinth - ein Impressonist Graphik-Sammlung Buchheim


Lovis Corinth (1958-1925) wurden in Ostpreußen geboren und hat in Königsberg studiert. Er war Professor an der Akademie in Berlin und lebte die letzten Jahre mit seiner Frau am Walchensee. Liebermann, Ury oder Slevogt lassen sich als bedeutende Vertreter des Impressionismus in einem Zug mit Corinth nennen. Lot 39 bis 56 werden ab 200 oder auch ab 1200 Euro aufgerufen.

Otto Dix und die Schützengräben (1891-1969)


Die neue Sachlichkeit und die Moderne wurden unter anderem durch Otto Dix in die deutschen Kunstgeschichtsbücher geschrieben. Der Künstler sah nicht weg, als er auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges das Grauen erlebte. 1915 ging Dix als freiwilliger Soldat an die Front. Dort hielt er zeichnerisch fest, was er in den Schützengräben von Frankreich, Flandern und Russland erlebte. Aus zahlreichen Zeichnungen und Gouachen entstehen später unter anderem 50 Radierungen auf Bütten. Sie werden unter der Lot-Nummer 57 für 100.000 - 150.000 Euro aufgerufen. Es sind grausame, eindringende Motive und die Art der Dokumentation durch direkte zeichnerische Umsetzung nimmt jede Distanz - ein emotionales Erleben, das der Betrachter so schnell nicht vergisst. 

Weitere große Namen der Kunstgeschichte


Erich Heckel, Max Klinger, Oskar Kokoschka, Otto Mueller, Max Pechstein, Karl Schmidt-Rottluff und auch die Franzose, Edgar Degas und Paul Signac, Buchheim hat sie alle in seiner Sammlung. George Braque, Marc Chagall und Pablo Picasso dürfen da nicht fehlen. Andrè Derain, Raoul Dufy, Fernand Lèger, Henri Matisse, Joan Miró, Georges Rouault, Henri Cartier-Bresson oder auch Horst Antes werden in der Vorbesichtigung präsentiert.

Wäre dies das Material für eine neu zu konzipierende Ausstellung, man hätte ein fabelhaftes Werkzeug an der Hand, um mit verschiedenen Themenschwerpunkten zu jonglieren.

Buchheim und sein Museum - sein Leben


Die Rückseite des Auktionskataloges ziert ein Foto aus dem "Fotoarchiv Lothar-Günter Buchheim". Es zeigt eine jener Aufnahmen, die Buchheim von Marineoffizieren im zweiten Weltkrieg machte.


Rückseite des Kataloges (ausgeklappt):
links orange gerastertes Foto des Museums vom Strand des Starnberger Sees aus
Rechts "Seeleute" aus der Zeit als Buchheim als Kriegsmaler im zweiten Weltkrieg
mit der Marine unterwegs war undauch Fotografische Dokumente anfertigte,
Foto aus dem Archiv von Lothar-Günter Buchheim,
Foto: Helga Waess


Im Buchheim Museum verschwimmen für die Besucher die Grenzen zwischen Dauerausstellung, Sonderausstellung oder Präsentation zur Vorbesichtigung der Versteigerung am 28. November



Es gibt keine Endpunkte




Während man ein Cafè-Stübchen mit lebensgroßen Gestalten der Phantasie betritt - es riecht hier sogar nach Kaffee - hört man aus der Ferne Karussell-Musik. Überall stehen Phantasiefiguren und irgendwo klackert ein Flipperautomat. Kinder malen in der Museums-Pädagogischen Abteilung, das was sie wollen. Sie lassen, ganz nach Buchheims Vorstellungen, ihre Phantasie durch die Welt der Farben wandern.

Und dann wandert der Besucher weiter. Er begegnet Buchheims Arbeiten, diesmal als Kriegsmaler der Marine. In einem Gang steht das Regal mit seinem Buch "Das Boot" - übersetzt in viele Sprachen. In einem Video wird sein Kunstbuchverlag angesprochen, seine Sammlungen an der Grenze zum Kitsch werden hier und da ausgestellt.

Das Buchheim Museum der Phantasie,
Foto: Helga Waess


Und schließlich verlässt man das Museum der Phantasie und der Kopf ist irgendwie leicht. Nachdenklich über den Grund des heutigen Besuches: ach, ja, die Vorbesichtigung zur Versteigerung.
Fern des Alltags fühlt man sich durch die Buchheim-Idee eingenommen, berieselt und vielleicht auch beflügelt. Der Hubschrauber "Die Libelle" grinst zum Abschied. 

Man sollte davon erzählen und wieder hingehen! Aber erstmal zur Vorbesichtigung für die

Versteigerung am 28. November 2015


Auf den Zulauf und die Auktion der Expressionisten-Sammlung aus dem Nachlass des Ehepaars Buchheim darf man gespannt sein. Der Ort ist sehr geeignet, um den Sammler für das eine oder andere Werk einzunehmen.

Unter diesem Link zur "Sonderauktion MODERNE - Expressionistische Druckgraphik aus dem Privat-Nachlass der Eheleute Buchheim" auf der Homepage des Auktionshauses Neumeister werden einige Top-Lose gezeigt

ORT DER VERSTEIGERUNG:

Buchheim Museum der Phantasie

Am Hirschgarten 1
82347 Bernried

Hier ein Link zur Homepage des "Buchheim Museum der Phantasie"
DHW - hier der Link Homepage der Autorin