UNESCO-Weltbericht
Kultursektor generiert aktuell Umsätze von 2,25 Milliarden US-Dollar jährlich - Beschäftigung für 30 Millionen Menschen weltweit
„KULTURPOLITIK NEU GESTALTEN - Kreativität fördern, Entwicklung voranbringen“
Der Kultursektor braucht neue Strategien zur Mobilität von Künstlern und zum Handel mit Kulturgütern, das fordert der UNESCO-Weltbericht 2018, der heute in Paris - dem Hauptsitz der UNESCO - präsentiert wurde. Die Voraussetzungen für an die 30 Millionen Menschen, die im Kultursektor weltweit tätig sind, müssen verbessert werden. Immerhin werden im Bereich Kunst und Kultur in den nächsten paar Jahren zehn Prozent der globalen Wirtschaftsleistung generiert.
München, Foto: Helga Waess (Archiv) |
Die UNESCO-Generaldirektorin Audrey Azoulay und die schwedische Ministerin für Kultur und Demokratie Karin Strandås stellten den Bericht vor. Zunächst gibt es - wie stets, möchte man sagen - klare Defizite, wie beim interkontinentalen Zugang zu Handelsplätzen von Kulturgütern und auch von Kultur-Dienstleistungen und bei der Freiheit der Künstler, ihrer Mobilität oder auch bei der Gleichberechtigung von Künstlerinnen und Künstlern.
Ein Vorstandsmitglied der Deutschen UNESCO-Kommission: Prof. Dr. Wolfgang Kaschuba sagte gegenüber der Presse
„Die lokale Produktion kultureller Inhalte und der Handel mit Kulturgütern nehmen weltweit zu. Noch immer erschweren jedoch Handelsbarrieren, mangelnde Maßnahmen zur Vorzugsbehandlung und zu wenige personelle und finanzielle Ressourcen in den am wenigsten entwickelten Ländern die Teilhabe am Kulturmarkt des globalen Nordens. Das muss sich ändern. ... Besonders positiv ist jedoch, dass gut hundert staatliche und nicht-staatliche Akteure zunehmend Maßnahmen zum Schutz künstlerischer Freiheiten und zur Stärkung von Künstler-Mobilität ergreifen.“
Mobilität von KünstlerInnen
Global kann im Bereich der Kunst- und Kulturschaffenden ein Nord-Süd-Gefälle festgestellt werden. Wobei der Zugang zu den Handelsplätzen unter anderem durch das aktuelle Sicherheitsklima geschwächt wird. Die Visabestimmungen aus dem Jahr 2017 lassen z.B. Reisepassinhaber aus der südlichen Hemisphäre in 75 Länder visafrei reisen. Kulturschaffende aus der Nordhalbkugel sind mit 157 visafreien Ländern klar im Vorteil.
Die Mobilität der Kunst- und Kulturschaffenden, das legt der Bericht ausführlich dar, trägt zur "Förderung der Vielfalt von Ideen, Werten und Weltanschauungen in Kunst und Kultur" bei. Für eine nachhaltige Kultur- und Kreativwirtschaft wird der Barriere-Abbau in Zukunft entscheidend sein.
Angriffe auf Kunst- und Kulturschaffende
Rund 430 Angriffe auf Künstler verzeichnet die Statistik des Jahres 2016, wohingegen 2015 rund 340 und 2014 bei 90 verzeichnet wurden. Musiker und Autoren unterliegen dem Risiko eines Angriffs am häufigsten. Die meisten Autoren wurden im Jahr 2016 in den Regionen
- Asien-Pazifik (80),
- Nahost und Nordafrika (51)
- und Europa (47)
Gleichberechtigung von Künstlern und Künstlerinnen / Kulturschaffenden Frauen und Männern
Forderung der UNESCO: eine Gender-Perspektive in Kulturpolitik und -maßnahmen
Kulturwirtschaft immer digitaler
Hier sind die Zahlen eindeutig: Im Jahr 2016 übernahm der Online-Musikhandel (7,85 Milliarden US-Dollar) erstmals 50 Prozent des Gesamtvolumens der Musikindustrie. Ein Wachstum von 16 Prozent im Vorjahresvergleich (6,75 Milliarden US-Dollar). Klar angeführt wird die digitale Kulturwirtschaft von Streamingdiensten.
Auf der südlichen Erdhalbkugel fehlt für diese Art der wirtschaftlichen Produktion und Verbreitung von kulturellen Gütern oder Dienstleistungen die digitale Infrastruktur.
Außerdem findet eine Marktkonzentration nicht nur im Norden statt sondern auch in der Hand weniger Plattformen.
Der UNESCO-Weltbericht fordert die Länder weltweit auf, neue Strategien für die intensive Digitalisierung zu entwickeln und die lokale Kulturproduktion zu fördern. Partnerschaften zwischen Staat, Zivilgesellschaft und privater Wirtschaft gilt es zu begründen.
Kultur für nachhaltige Entwicklung
Aktuell haben wir weltweit 111 nationale Entwicklungspläne. Der Kultursektor wird dabei jedoch kaum berücksichtigt: lediglich 0,22 Prozent aller Entwicklungshilfegelder wurden im Jahr 2015 für die Kultur verwendet. Immerhin traurige 45 Prozent weniger als im Jahr 2005. Übrigens insgesamt "der niedrigste Stand seit zehn Jahren".
Für die Zukunft gilt es höhere Investitionen in Kreativität zu tätigen, neue und mehr Arbeitsplätze im Kultursektor zu ermöglichen, aber auch Ungleichheiten zu beseitigen und künstlerische Innovation,
nachhaltige Produktion und Kunst- und Kultur-Konsum weltweit sicherzustellen.
UNESCO-"Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen"
So lautet der Titel der Konvention, welche die UNESCO-Generalkonferenz 2005 verabschiedet hat. Insgesamt 146 Länder und die Europäische Union sprachen sich damals in für das Recht auf eine eigenständige Kulturpolitik aller Vertragsstaaten aus.