Samstag, 9. März 2019

Stuttgart Staatsgalerie Banksy Ballonmaedchen

Stuttgart Staatsgalerie zeigt Banksy's Ballonmädchen


BANKSY-BILD „LOVE IS IN THE BIN“ / "Die Liebe ist im Eimer" und das Bild im Museum


Banksy-Coup gelungen!  Artefakt einer Performance wird zur musealen "Überraschungskunst" 



Stuttgart. Das Banksy-Papier-Bild vom Ballonmädchen mit dem eingebautem Schredder im Goldrahmen, welches in einer Kunstauktion bei Sotheby's vor aller Augen werbewirksam zur Hälfte "vernichtet" wurde, wird seit diesem Monat in der Staatsgalerie Stuttgart gezeigt. Das Artefakt des Kunstwerks ist in diesem Zustand ein fertiges Kunstwerk! Oder doch nicht?
Street-Art gehört auf die Straße! Oder? "Girl with Balloon", welches Banksy, der eigentlich aus der Street-Art-Szene kommt, sprayte das Ballonmädchen auf Papier. Und so vollzog er den offiziellen Schritt von der Straße in die häusliche Innenwelt und von hier in eine Kunstauktion. Durch die dokumentierte Schredder-Performance, kam das Werk als jetzt werbewirksam ins Museum. Als "aufsehenerregende Zerstörung" eines Bildes, das immerhin "noch zur Häfte heile" sei, so das Handelsblatt (5. Februar 2019 - online), hat das Artefakt den Sprung geschafft.
Das Banksy-Bild war zuvor in Baden-Baden zusehen (siehe unten).

Museum Frieder Burda, Baden-Baden, Foto: Helga Waess (Archiv)

Irgendwie hat der unbekannte Banksy ganz schön viel Mitteilungsbedürfnis


Oder ist er nun Marktingspezialist, wenn er "nach eigenen Angaben" den Schredderrahmen extra für den Fall einer Versteigerung anfertigen ließ. "Er wollte", so das Handelsblatt - das hier eine dpa-Meldung veröffentlicht aus der wir zitieren - , "die Aktion als Kritik am Kunstmarkt verstanden wissen."
Immerhin kam im Herbst eine stolze Summe in Höhe von 1,2 Millionen Euro für das Banksy-Bild "Die Liebe ist im Eimer" in die Kasse des Vorbesitzers. Das Urheberrecht bestimmt, das Künstler an den Versteigerungs-Einnahmen ihrer Werke beteiligt werden müssen, was zumeist über die VG-Bild-Kunst geschieht, und das wird den Street-Art-Artist gefreut haben.

Seit März 2019 hängt das Ballonmädchen von Banksy in der Staatsgalerie Stuttgart


Seit dem 07. März 2019 können die Besucher der Staatsgalerie Stuttgart den gelungenen Art-Coup des - als Person immer noch unbekannten - Underground-Künstlers Banksy sehen. In der Staatsgalerie wird das Artefakt der Kunstauktions-Performance als Dauerleihgabe zunächst für ein Jahr wandern. Es wird in den Ausstellungen im musealen Rahmen hier und da auftauchen und von dem Kunst-Markteting-Experten Banksy Zeugnis ablegen. Besucher sind angehalten durch die gesamte Sammlung zu wandern und das Werk zu suchen.

Und? Wer weiß es schon genau, eventuell trägt dieses geschredderte "Spaßwerk", mit dem Banksy der Kunstwelt eine lange Nase zeigen wollte, einen weitere Performance-Aktion in sich?
Aber die Restauratoren und Fachleute haben sicherlich schon geprüft, ob die Farbe haltbar ist, der Rahmen keine versteckten Zerstör-Mechanismen in sich verbirgt oder gar der Schredder nach 360 Tagen wieder eingeschaltet wird. Gut wäre dann, wenn eine Museums-Kamera die Finissage des Bildmotivs als Teil der Performance festhielte. Und zwar: bevor die Kunst völlig im Eimer wäre, wie der Titel ankündigte.
- Sie merken schon, Banksy verleitet zu Wortspielen und Kunstgedanken und allein damit hat er zu zahlreichen Diskussionsveranstaltungen angeregt.
- Schön wäre es doch, wenn Banksy soweit gedacht hätte und seine Performance immer noch liefe. Vielleicht werden alle Museumsbesucher, ob in Baden-Baden oder Stuttgart dann zum Teil der Performance und alle Journalisten und Museumsleute zum Sprachrohr des Künstlers. Oder sind wir das schon?


  • Begleitet wird die Werk-Show in Stuttgart von einem Fach-Symposium und vielen Vorträgen.


BANKSY-BILD „LOVE IS IN THE BIN“ / "Die Liebe ist im Eimer"


Wie bekommt man Menschen ins Museum. Und zwar heute, im Zeitalter der Massenmedien und Bilderwelt von Instagram und Co.?

Nun man nehme ein "Skandal-Bild", das als Artefakt einer Performance zu werten ist und hänge es in eine Sammlung mit Alten Meistern, so das Konzept der Staatsgalerie Stuttgart. Die neue Besitzerin war, laut Henning Schaper, dem Stuttgarter Museumsdirektor, im SWR2-Gespräch von dieser Art der Präsentation in einer "echten" Kunst- beziehungsweise Museums-Ausstellung überzeugt. - Dabei wird es ihr nicht um Wertsteigerung durch Museums-Adelschlag gegangen sein! - Vielleicht hofft sie ja zu erfahren, ob das Artefakt durch die Halbzerstörung schon ganze Kunst ist, oder, ob es vorher, das heißt "heile" große Kunst war?

Der Film von der Auktion mit der Geräuschkulisse des Entsetzens der Performance-Teilnehmer wäre ein ebenso zeigenswertes Artefakt. Und wer kann es wissen, vielleicht war der von der Streetart zur Performance wechselnde Banksy auch im Auktionssaal anwesend.

Ein Kunstwerk im Wandel, von einem Unbekannten, der unter dem Pseudonym Banksy arbeitet und von der Sprayer-Kunst, der Street-Art-Artists kommt, scheint für Sammler in diesem Fall kein Risiko-Investment zu sein.

Bereits in Baden-Baden lockte Banksy's Schredderbild Menschenmassen an


Baden-Baden. Laut Pressemeldung des Museum Frieder Burda in Baden-Baden haben knapp 60.000 Besucher die Banksy-Ein-Bild-Ausstellung gesehen. Dort hing es nur vier Wochen!

Vermutlich nahmen die Museumsgäste die Brücke-Ausstellung gleich mit. Von "Schlangenbildungen" (folgende Zitate aus der Pressemeldung des Museum Frieder Burda in Baden-Baden) wird berichtet und das am letzten Wochenende gar 7.000 Besucher kamen.

„Love is in the Bin“ wurde in der Pressemeldung des Museums als neue „globale Ikone“ der Kunst bezeichnet,


wobei man auf nationale wie internationale Berichterstattung verwies. Auch in Baden-Baden gab es Diskussionen, die "die Hintergründe und Intentionen im Werk Banksys plausibel" machen wollten oder die "Bedingungen in einer Kunstwelt" hinterfragten. Man diskutierte über die Wertexplosion auf dem Kunstmarkt, die Street-Art erst auf ihren Sockel gehoben hätte und diese Kunst-Sorte "überhaupt erst möglich macht". 

Und das Museum setzte beim Schredder-Coup nach und änderte die "Einlassbedingungen", wobei man sich "konsequent an Banksys Überzeugungen orientiert(e)" - gemeint ist hier die Überzeugung von Street-Art-Künstlern:
Maximal viele Menschen sollten die Schredder-Papier-Sprayer-Kunst mit dem Mädchenschatten und Herzluftballon sehen, weshalb man keinen Eintritt verlangte. Aber ganz ohne geht es eben nicht, auch nicht bei einer Stiftung und daher wurde ein Spendenbeitrag für eine "wohltätige Organisation" ausgerufen; wer diese Organisation aussucht, ist uns nicht bekannt.  - Eventuell wird hiermit ja die am Rand des Kunstmarkts existierende Street-Art, die man ja kompetent diskutiert hat, gefördert - und damit auch ihre Urheber.

Banksy-Fans durften im Museum fotografieren und die Aufnahmen verbreiten


Wir bilden das Werk - wegen des Urheberrechtes des Künstlers hier nicht ab, da dieser Artikel dauerhaft im Kunst-Kultur-Blog bleibt.

Die Urheberrechtsreform wird es weisen, aber, ob die von Besuchern fotografisch verbreitete Banksy-Schredder-Kunst unter dem Motto „I was here“ auch urheberrechtliche Konsequenzen hat, ist fraglich. Das Museum hat sicherlich zuvor die Rechte zur Vervielfältigung mit dem Künstler und der VG-Bild-Kunst geklärt (Whatsapp, Facebook und Co sind hier gesetzlich in der Pflicht und werden es für sich und die Nutzer klären).

Und so verließen in vier Wochen unzählige "Selfies mit dem Banksy-Werk im Hintergrund" Baden-Baden und reisten zur "spaßvolle(n) Begegnung mit Kunst" um die Welt.

Am Kurpark Baden-Baden vor dem Museum Frieder Burda,
Foto: Helga Waess (Pressearchiv)


  • "Für eine Ticketpreis sahen viele auch die Brücke-Ausstellung im Haus und besuchten bei der Gelegenheit auch das Banksy-Kabinett", so das Museum - Pressemitteilung.
  • Die Brücke wird noch bis 24. März 2019 dort zu sehen sein.