Sonntag, 9. November 2014

Die 59. Kunstmesse München präsentiert sich 2014 als Gesamtschau der Künste für Entdecker, Sammler und Jäger

Antike trifft Modern in kultureller Harmonie

Die 59. Kunstmesse München wird auch 2014 ihrer ehrwürdigen Tradition gerecht

Auf der 59. Kunstmesse München begegnet der Besucher in diesem Herbst kostbaren Kunstwerken aus aller Welt. Ausgewogene Abwechslung und kuratorischer Ideenreichtum gepaart mit Humor und Phantasie lassen Sammler und Kunstinteressierte staunen und schmunzeln.

von Dr. Helga Wäß


Eingang zum Postpalast verhüllt in Königsblau,
Foto: Helga Wäß

Beim Flanieren von Stand zu Stand gibt es Kostbarkeiten, Raritäten, Kuriositäten, Kunstkammer-objekte, feine Limousinen aus den Anfangsjahren des Automobilbaus, Gemälde und Skulpturen von der Antike bis in unsere Zeit, feine Porzellane und strahlendes Silberhandwerk. Gerne würden wir alles beschreiben. Mögen die hier betrachteten Messestände stellvertretend für das große Ganze stehen und den geschätzten Leser zum Besuch der Kunstmesse anregen.  

Antike trifft Moderne auf der 59. Kunstmesse München 2014,
Foto: Helga Wäß

SONDERAUSSTELLUNG


Hommage an Otto Piene, den Mitbegründer der Gruppe Zero


Ein Magnet der Messe dürfte in diesem Jahr die Piene-Ausstellung der Galerie Maulberger sein. An einem mittig gelegenen großen Messestand wird diese Werkschau gezeigt, die Otto Piene (18. April 1928 in Laasphe; † 17. Juli 2014 in Berlin) als einen der wichtigsten Künstler der Gruppe Zero gerecht wird.  

Galerist Hans Maulberger präsentiert stolz seine
Piene-Sammlung auf der Kunstmesse München,
Foto: Helga Wäß
Galerist Hans Maulberger war es ein „... dringendes Anliegen, dem im Juli verstorbenen Künstler diese Hommage auszurichten“. Alle Gemälde Pienes hat Hans Maulberger in den letzten Jahrzehnten gesammelt. Und es sind großartige Arbeiten, die hier zu sehen sind. „Ich fühle mich als Sammler, der von seiner Sammlung lebt. Eine Sammlung, die aus sich selbst lebt und sich immer weiter entwickelt“, so der Galerist mit strahlenden Augen. 

Am großzügigen Messestand der Galerie Maulberger hat jede
Arbeit Otto Pienes genügend Raum,
Foto: Helga Wäß
Arbeiten des ZERO-Künstlers Otto Piene
auf der 59. Kunstmesse München am
Stand der Galerie Maulberger, Foto: Helga Wäß

Schon viele Jahrzehnte begeistern ihn die Arbeiten der Künstlergruppe Zero und mithin jene von Otto Piene. Das eine oder andere Gemälde dürfte hier einen Sammler finden, weshalb diese Sonderaus-stellung in diesem Arrangement einmalig bleiben dürfte.

Ein paar Stände weiter erwartet den Besucher Antikes.

Ältester Zoo der Welt bei Galerie Blue Art



Am Messestand der Galerie Blue Art, kann der Kunstinteressierte unter dem Motto „Ältester Zoo der Welt“ Tiere in Ton bewundern, die vor tausenden von Jahren geschaffen wurden. Und er stellt fest: Ein Kamel, ist ein Kamel, ist ein Kamel; auch, wenn es mehrere tausend Jahre alt ist.

Am Messestand der Galerie Blue Art f
inden sich neben antiken Budda-Statuen
auch dieses große Kamel, Foto: Helga Wäß


Eine Zeit in der alle Kultur ihren Anfang nahm


Was bei dieser Plastik fasziniert sind die Beobachtungsgabe, das bildhauerische Können, die detailgenaue Erzähl-Sprache der antiken Künstler und der Erhaltungszustand. Der Sinn der einzelnen Skulpturen wird von den Galeristen wortreich umschrieben und unser geistiges Auge wandert in jene ferne Zeit, in der alles so anders war: in der alle Kultur ihren Anfang nahm. Wie nah uns auf einmal die Zeit der Antike ist. Sie waren einst, was wir jetzt sind. Wir verstehen die Sammler nun noch besser.

Aber, man erlaubt sich bei Blue Art hier und da auch einen Scherz: Ein Antiker Torso wurde mit einfachen Banalitäten in die heutige Zeit gerückt. Rote Riemen ziehen sich über die Schultern eines steinernen Kunstwerks. Und an deren Enden? 

Von Weitem überlegt der Besucher auf dem
Weg zum Messestand der
Galerie Blue Art:
Was trägt diese antike Torso?
Foto: Helga Wäß
Ein Rucksack. Ein Lächeln erhellt das Gesicht des Betrachters, ob dieser kleinen Frechheit. Leben mit antiker Kunst. In der eigenen Sammlung den Haus-Kindern vielleicht nicht unbedingt zur Nachahmung empfohlen. - Es sei denn: ein zukünftiger Beuys hat hier die Hand im Spiel.

Zeitgenöissischer Antikenschmuck bei der
Galerie Blue Art, Foto: Helga Wäß


Ein Kunstmesseambiente wie ein lebendiges Stillleben


Bei De Eenhoorn aus Zaltbommel lädt eine Fülle an Kuriositäten, Waffen und Kunstwerken des Mittelalters und der frühen Neuzeit zum Verweilen ein.

Kunstkammerobjekte auf der 59. Kunstmesse München
Am Messestand von De Eenhorn aus Zaltbommel,
Foto: Helga Wäß
Wir treffen hier Professor Grimm und fragen ihn nach seinem Eindruck von der diesjährigen Kunstmesse. „Die Vielfalt und die Nähe zu Volkskunst und Kunstgewerbe sowie die unter-schiedlichsten Materialien sind wie ein lebendiges Stillleben. Die Qualität ist an jedem Messestand ausgezeichnet.“ 

Prof. Dr. Grimm, Juror der 59. Kunstmesse München, am
Messestand von  De Eenhorn aus Zaltbommel, im Hintergrund ein
Papierrelief des Kalvarienberges, Foto: Helga Wäß
Professor Grimm ist einer der Juroren der Kunstmesse München. Wir betreten den Messestand von De Eenhorn und der Juror ist begeistert: „Sehen sie alles spannende Stücke. Alles gut erforscht und dokumentiert.“

Das Gespräch mit dem Sammler soll um Inhalte gehen



Aad Penders von De Eeenhorn zeichnet an seinem Stand alle Objekte mit Preisen aus. Es sei viel schöner, wenn der Sammler nicht erst nach dem Preis fragen müsse, sondern sich gleich mit ihm über die Bedeutung der Werke, ihre Zeit und das Wesentliche unterhalte, verrät uns der Händler.

Gotischer Kamin am Messestand von De Eenhorn,
Foto: Helga Wäß
Aad Penders hat neben Gemälden, Skulpturen und Kunstkammerstücken auch einen originalen und komplett ausgestatteten mittelalterlichen Kamin mit gebracht. Eine gotische, reliefierte Steinarbeit übermannshoch und mit originalen, motivisch verzierten Eisenplatten. Dieses Stück dürfte jedem Schloss alle Ehre bereiten und könnte, wenn sich ein Sammler fände, für 35.000 Euro in Bayern bleiben.

Gemälde aus Wien mit München-Bezug



Seit drei Jahren stellt die Galerie Kohlhammer & Mahringer aus Wien im Postpalast in München aus. Die Gemäldehängung ist hier wohl durchdacht und lädt zum Betreten des Standes ein. 

Leo Delitz "Liegende" von 1914, bei Kohlhammer & Mahringer,
Foto: Helga Wäß

Eine dahin fließende „Liegende“, gemalt 1914 von Leo Delitz (1882-1966 London) zeigt in warmes Tuch gewickelt die nackte Schulter und kokettiert mit Augenaufschlag. Der Blick des Betrachters trifft als nächstes die Augen einer weiteren Schönen, die in den Messestand hineinblickend, neugierig auf Verborgenes macht.

Kohlhammer & Mahringer bringen die Leichtigkeit einer ansprechenden, lichten Malerei auf die Messe


Gemälde am Messestand der Galerie Kohlhammer & Mahringer
aus Wien im Postpalast in München, Foto: Helga Wäß 
In den hier ausgestellten Gemälden lassen sich zahlreiche Verbindungen nach München finden, ob nun der Maler Franz von Defregger (1835-1921) aus München kam und die Galerie sein „Dirndl mit Hut“ zurück in die Landeshauptstadt bringt, der Münchner Robert Völcker (1854 Dohna -1924 München) mit „Der Sommer“ die Leichtigkeit eines Sommers nacherleben lässt oder ob Beppo Steinmetz (1872-1933 München) ein „Café in München“ malte.

Zwei frühe Gemälde von Max Liebermann



Die Galerie von Dr. Andreas Bühler hat dieses Jahr gleich zwei Gemälde von Max Liebermann aus den Jahren 1890 und 1891 mit nach München gebracht. Interessant ist auch hier die Hängung der Leinwände. 

Dr. Andreas Bühler vor Liebermann (li.) und Dill (re.), Foto: Helga Wäß
Beide rahmen ein größeres Gemälde von Otto Dill aus dem Jahr 1955. Spannend wie das Grün der Bäume auf dem Dill-Gemälde und die durch die Sonne erhellten Flecken am Boden den Betrachter ganz entfernt an spätere Wannsee-Arbeiten Liebermanns erinnern. Hier will man mit unserer Wahrnehmung spielen.

Messestand der Galerie Bühler aus Stuttgart,
Foto: Helga Wäß

Aufgelockert wird der Messestand durch raumgreifende Großplastiken. So findet sich die Bronze eines Rehs (1930) von Fritz von Graevenitz fast mittig gestellt. Und wieder erhellt die Sonne eine Leinwand. Maria Casper-Filsers „Aprilsonne“ aus dem Jahr 1934 fügt sich harmonisch in das Ambiente bei Dr. Bühler ein.

Augsburger Silber bei Dr. Eva Toepfer



Augsburger Silber darf auf keiner Kunstmesse fehlen. Dr. Eva Toepfer bringt eine ganz wunderbar gearbeitete Terrine mit, die in die Zeit zwischen 1724 und 1728 datiert werden kann. Das Meisterzeichen an der Unterseite des Fußes verweist auf den Silberkunstschmied Phillip Jakob VI. Drentwett.

Rechts Terrine - Augsburger Silber - bei Dr. Eva Toepfer,
Foto: Helga Wäß
Silber und Porzellan waren das höfische Kunsthandwerk des 18. Jahrhunderts. Sie durften in keinem Schloss und in keinem adeligen Haushalt fehlen. 

Frühes Porzellan bei Oberacker aus Frankfurt



Auf der 59. Kunstmesse München im Postpalast fällt ein Fränkischer Vasensatz (Frankental, um 1772) auf. Er besteht aus einem dreiteiligen Ensemble und war, was die Herrschafts-Allegorien vermuten lassen, dereinst sicherlich für einen richtigen Palast gefertigt wurden. 

Fränkischer Vasensatz (Frankental, um 1772), Foto: Helga Wäß

Eventuell für die pfälzischen Kurfürsten. Porzellanspezialist Oberacker hat sie an seinem Stand mit feinen Porzellanen ausgestellt. Er hat auch zwei Meisner Schalen aus der Zeit um 1750 dabei, die so manches Sammlerherz erwärmen dürften.

Laura Padgetts Fotoarbeiten bei Oberacker aus Frankfurt



Wie feinteilig in Porzellan gearbeitet wurde, interessierte die Zeitgenössische Fotografin Laura Padgett, deren großformatige Foto-Arbeiten an diesem Stand einen guten Einblick in die Porzellanarbeit geben.

Frühes Porzellan bei Oberacker aus Frankfurt
Laura Padgetts Porzellan-Fotografien am Messestand von
Oberacker aus Frankfurt, Foto: Helga Wäß


2015: Diamantene Kunstmesse München



Alles in Allem war die 59. Kunstmesse München wieder eine sehr sehenswerte Münchner Traditions-Messe. 

Plakat der 59. Kunstmesse München
Plakat am Eingang zum Postpalast,
Foto: Helga Wäß
Mit vielen großartigen Eindrücken verlassen wir den Postpalast. Und wir freuen uns auf die „Diamantene Kunstmesse“ im Jahr 2015, denn im nächsten Jahr wird diese Institution 60 Jahre alt.

59.Kunst-Messe München 2014, Postpalast


Postpalast, Wredestraße 10, 80335 München
Foto: Helga Wäß

Fotos: Dr. Helga Wäß, mit freundlicher Genehmigung der Kunstmesse München und ihrer Aussteller.






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